Velominati. The Rules. Regel Nummer 33: “Shave your guns.“ Falls das nicht klar genug ist, hier der Nachsatz: „Legs are to be carefully shaved at all times.“ Wieso? Weil. Und aus. Manchmal (etwa bei No 37: Brillenbügel über dem Helmgurt) wird aber doch erklärt: „This is for various reasons that may or may not matter; it’s just the way it is.“ Womit auch die Diskussion um die Rennrad-Beinrasur schlüssig zu Ende geführt wäre: Weil. Punkt.
Natürlich haben die Velominati recht. Weil sie schon deshalb recht haben, weil sie die Velominati sind. Rechthaben macht sie aus: Die Velominati sind Hüter, Bewahrer und Definierer von allem, was am Rad gut und richtig ist: „Keepers of the Cog“ nennt man sie. Ihre Gebote, die der Welt die Welt erklären, sind schlicht „The Rules“.
Leb damit! Dogmen zu hinterfragen ist Ketzerei. Häresie. Lästert wider Glaube, Kult und Religion. Und wer je tiefer als zehennagelspitzentief ins Rennradfahren eingetaucht ist, weiß – spürt, atmet, lebt – , dass nicht nur der Sport, das Fahren und das Gerät, sondern vor allem der Mythos an sich heilig ist.
Natürlich gibt es Erklärungsmodelle. Oder -ansätze. Den vom Luftwiderstand der behaarten Wade etwa. Irgendwann hat mir das jemand vorgerechnet: Auf der Ironmandistanz (180 km - obwohl die Velominati zu Triathlon einiges zu sagen haben …) würden diese zwei Watt fast vier Minuten bedeuten. Vier Minuten! Wow. Ich bin beim IM knapp 12 Stunden unterwegs – da zählen vier Minuten!
Oder aber: Für den Masseur ist haarlos angenehmer. Haptisch und hygienisch. Gut so!
Wichtig! Schließlich werde ich vor und nach jeder Fahrt professionell durchgeknetet. Mein Masseur ist immer auf Standby. So wie meine Physios, dem Ernährungs- und dem Mental-Team – und meine Mechaniker. Gell?
Und da wäre auch noch die Sache mit dem Schmutz. Der haftet nach Stürzen auch an den Haaren. Und sorgt beim Weiterfahren mit Asphaltausschlag für Entzündungen … Jo eh: Wenn es mich so aufhaut, dass das halbe Bein offen blutet, fahre ich die Etappe zu Ende. Voll. Erst danach suche ich kompetente medizinische Hilfe. Du etwa nicht?
Trotzdem rasiere ich meine Beine. Nicht, weil ich einfach dazugehören will. Sondern mit Gründen. Guten Gründen: Ich brauche sogar bei Vollmond Sonnenschutzfaktor 50. Mindestens. Aber Haare fressen Sonnencreme, saugen sie auf: Unrasiert brauche ich drei-, viermal so viel.
Das verstehst Du. Das versteht jeder. Oder? Schließlich bin ich ein kritisch und selbständig denkender Erwachsener: Nur weil man etwas angeblich so macht, nur weil irgendwer irgendwas zur Regel erkoren hat, mache ich es noch lange nicht. Schon gar nicht, wenn die einzige Erklärung „This is for various reasons that may or may not matter: It’s just the way it is" lautet.
Du auch nicht. Oder etwa doch?
Tom Rottenberg – Rotte – rennt und rollt, wenn er nicht als freier Journalist und PR-Berater arbeitet und sich Gedanken übers Rennen und Rollen, sprich Radfahren, macht.