Gianluca Barcos Großvater begann 1947 Fahrradrahmen zu schweißen. Stahl war damals State-of-the-Art – und die großen, berühmten Marken orderten über Jahrzehnte hinweg Rahmen bei Barco. Den Namen kannten und kennen dennoch nur Insider. Jetzt stellen sie gemeinsam mit uns unter der eigenen Marke Cicli Barco moderne Stahlrahmen für Straße und Gravel her. Warum und wie erklärte Gianluca (am Foto unten links, zusammen mit Andrea Molin, Marketing+Sales) ZU GAST IM SALON Tom Rottenberg Ende Juni.
Tom Rottenberg: Gianluca Barco, dein Familienname ist der Name deiner Marke, und diese Marke hat eine lange Tradition - aber du bist noch recht jung. Ich nehme an, du bist nicht der Gründer von "Cicli Barco".
Gianluca Barco: Nein, natürlich nicht. Ich bin der Sohn von Alberto Barco und mein Vater ist der Hauptschweißer von "Cicli Barco". Dann gibt es noch meinen Onkel Mauricio, Fabiola, die Lebebsgefährtin meines Vaters, und Andrea - der fast ein Familienmitglied ist. Aber alles begann mit meinem Großvater Mario im Jahr 1947. Er begann mit der Herstellung von Fahrradrahmen. Das ist es, was die Familie seither macht: Stahlrahmen. Basta.
Tom: So lange schon?
Gianluca: Ja, Wir haben in Lohnfertigung Rahmen für einige der besten und bekanntesten Unternehmen der Branche hergestellt. Jahrzehnte lang. Aber dann fanden mehr und mehr Leute heraus, dass wir den Rahmen ihres Fahrrads gefertigt haben. Und wollten ein echtes Barco. Wir sahen das Potenzial und begannen, auch unter der eigenen Marke zu fertigen.
Wir haben ganz klein angefangen. Aber jetzt standen wir vor der Wahl: Weiter als Auftragnehmer für andere Unternehmen. Das ist ganz einfach. Du nimmst Aufträge an, erledigst deine Arbeit und gehst nach Hause. Oder mit deiner eigenen Marke, mit deinem Namen. Mit voller Verantwortung über den ganzen Prozess.
So beschlossen wir, Fahrräder unter dem Namen "Cicli Barco" zu entwickeln. Die Aufgabe bestand nicht nur darin, die besten und schönsten Rahmen herzustellen, sondern auch, Marketing und Vertrieb rundherum zu organisieren.
T: Wie hier mit VELETAGE?
G: Ja. Das ist wirklich eine der besten Gelegenheiten: Wir bringen und präsentieren unser Wissen, unsere Handwerkskunst - und jeder kann wirklich erleben, was wir tun, denn dies ist mehr eine Boutique als ein typischer Fahrradladen: Hier fühlt man, was wir fühlen, wenn wir über Fahrräder sprechen. Hier legt man Wert auf jedes Detail: Sie behandeln jedes Fahrrad, jeden Rahmen, als wäre es ein Juwel. Und für uns ist es das.
T: Ich will ja nicht unhöflich klingen, aber: Wenn ich in einen Fahrradladen gehe und nach einem aktuellen Rennrad frage, zeigen sie mir Carbonräder. Stahl ist das, was unsere Väter und Großväter gefahren sind. Das, was die Leute bei Oldtimer-Rennen wie der "Eroica" fahren. Also: Verkaufst du überholtes Material und veraltete Technologie?
G: Nein, natürlich nicht! Natürlich gibt es diese große Tradition von Stahlrahmen. Aber Stahl ist nicht nur Vintage. Ja, unsere Rahmen sind aus Stahl gefertigt. Aber Konzept und Geometrie sind hochaktuell. Natürlich führen wir alle Kabel innen, auch mit integrierten Cockpits. Stack & Reach der Geometrie sind ident mit denen von Aero-, Allroad- oder Gravel-Bikes aus Carbon, und auch die maximale Reifenbreite. Bei Gabel, Sattelstütze und Cockpit verwenden wir fast ausschließlich Carbon.
Aber ein Stahlrahmen hat viele Eigenschaften und Vorteile, die man selbst mit den besten Carbonrahmen nicht erreichen kann.
Stahl ist einfach angenehmer zu fahren. Er hat eine andere Steifigkeit und reagiert auf die Straße und die Bewegungen des Fahrers sanfter. Es ist … (er überlegt mit geschlossenen Augen) … harmonischer.
Das spürst du, wenn du ihn fährst.
T: Aber Stahl ist schwerer als Carbon!
G: Stimmt! (Lacht) 500 Gramm sind wirklich eine Menge - wenn du ein Profi bei der Tour de France bist ... Aber für alle anderen?
Wir bei Barco schauen nicht nur auf den Gewichtsunterschied - wir konzentrieren uns darauf, was dieses andere Material uns bietet. Es ist nicht einfach ein weiterer Carbonrahmen, der 350 Gramm schwerer ist - sondern etwas ganz anderes: Ein Stahlrahmen - die perfekte Mischung aus Komfort und Leistung.
T: Aber wer ist eure Zielgruppe?
G: Jeder, der das Radfahren wirklich genießen will. Natürlich fahren sie schnell, oder eher schön schnell (lacht in die Runde) - aber dann wollen sie vom Rad steigen und sagen: "Ich freue mich schon auf morgen, wenn ich wieder damit fahre". Das ist das Feedback, das wir bekommen. Viele fahren schon ein Rennrad oder Gravel-Bike aus Carbon und sagen: "Ich will einen Stahlrahmen, weil ich neugierig bin." Aber sobald sie das Barco haben, sagen sie: "Ich habe ein Problem: Ich fahr nur mehr mit dem Barco!" Warum? Weil es so viel komfortabler, lohnender, fehlerverzeihender und zuverlässiger ist als die andere. Ausgestattet mit allen Vorteilen moderner Komponenten und heutiger Fahrradtechnologien: Das ist das perfekte Fahrrad.
T: (mit breitem Grinser): Barco bremst also den Konsum?
G: (Lacht) Vielleicht. Wir sind sicher nicht Teil dieser Big Industry, die immer mehr und mehr verkaufen will. Wir sind ein Unternehmen mit fünf bis sechs Mitarbeitern - wir machen alles mit unseren eigenen Händen. Unsere Fahrräder sind wirklich Made in Italy. Wir schweißen vielleicht 200 Rahmen pro Jahr - und von diesen 200 sind einige noch Auftragsarbeiten für andere Marken.
Unser Ziel ist es, perfekte Fahrräder zu bauen – aus Stahl.
T: Eines muss ich zugeben: Bis vor ein paar Wochen hatte ich noch nie ein Barco-Bike gesehen ...
G: ... (unterbricht) Falsch: Du hast es sehr wohl gesehen - aber der Name stand nicht darauf.
T: Guter Punkt. Aber wenn du nur 200 Rahmen pro Jahr herstellst, ist es noch ein langer Weg, bis dich jeder kennt.
G: Wollen wir das? Nein. Wir sind happy, wenn uns die Insider kennen.
T: OK, du hast mich überzeugt. Aber wie lange muss ich dann warten, bis ich mein ganz persönliches, sehr modernes Stahlrad bekomme?
G: Bei unserer RW7-Serie mit Standardgeometrie liegen zwischen deiner Bestellung und deiner ersten Fahrt zwei Monate. Oder ein bisschen mehr (mit Augenzwinckern).
Wenn du eine besondere Lackierung möchtest, brauchen wir etwas mehr Zeit – drei bis vier Monate. Bei einem komplett maßgeschneiderten Rahmen reden wir von acht oder neun Monaten.
Aber selbst die RW7-Serie ist nicht von der Stange. VELETAGE wollte zum Beispiel das Logo dezent am Rahmen. Wir haben es nicht einfach lackiert, sondern ein spezielles Edelstahl-Emblem entworfen. Sieht einfach aus, aber da sind diese feinen Streifen. Wir müssen um das Logo herum schweißen und es nach dem Lackieren polieren, damit du den Unterschied wirklich spürst. Du fragst vielleicht: "Warum klebt ihr nicht einfach einen Aufkleber auf das Fahrrad?" - Wir wollen einen Unterschied machen!
T: Und wohin geht der Weg für Cicli Barco?
G: Eine gute Frage. Wir sprechen viel darüber. Wir haben die alten Jungs, die Tradition, meinen Vater, meinen Onkel. Sie können fast alles schweißen. Wir schätzen ihre Fähigkeiten, ihren Perfektionismus und ihr Wissen sehr - aber wir sehen auch die Zukunft. Das ist harte Arbeit: Stahlfahrräder machen vielleicht ein Prozent des Marktes aus, also denken die Komponentenhersteller nicht darüber nach, wie ihre Teile in einen Stahlrahmen eingebaut werden können.
Wir müssen uns also immer wieder anpassen und neue Wege finden, unsere Mittel und Fähigkeiten zu perfektionieren, um all die modernen Technologien und Dinge, die man in und an den besten State-of-the-Art-Rennrädern der Welt findet, in das schönste und gefühlvollste Ding zu integrieren, das ein Fahrrad haben kann: Einem Rahmen aus Stahl.
PS: Auch wenn wir in unserem Web-Shop aktuell nur das Modell für die Straße zeigen, es gibt auch schon eine Gravelvariante. Details dazu gerne per e-mail.