Rotte rollt – von Tom Rottenberg
Fr | 16. Jun 2023

„Bikepacking“ ist ein ganz großer Trend. Doch wer mit dem Rad verreisen will, muss sich mit diesem Begriff auch „andersrum“ herumschlagen: Das Bike mit Bahn, Bus oder Flieger auf Reisen zu schicken, ist nämlich alles andere als unkompliziert.

„Frechheit siegt“ ist immer eine Option, mitunter die beste: Wer einen überdimensionalen Plastiksack aus der Tasche kramt, Vorder- und Hinterrad abmontiert und gemeinsam mit dem Rahmen in die Plastikplane stopft, kann nämlich sagen: „Das ist kein Fahrrad – sondern Gepäck.“

Gepäck ist erlaubt. Ist - gängige Maße vorausgesetzt – weder anmelde- noch reservierungs- oder gar gebührenpflichtig. Es fällt weder unter Fahrräder-am-Zug-Quoten noch Fahrradabstellplatz-Regelungen: Dass in einer Tasche, einem Koffer oder in einer Folie kein (zerlegtes) Fahrrad verstaut sein darf, steht nirgendwo.           

Im Gegenteil: Die Schweizer Bahn vertreibt robuste, aber kompakt auf A4-Format zusammenfaltbare „Radsäcke“ sogar selbst. Ähnliche – weniger feste – Taschen gibt es in Webshops ab 35 Euro.

Warum das hier steht? Mein letzter Bike-Trip scheiterte beinahe im Vorfeld. Denn das Rad mit Bahn, Bus oder Flieger mitzunehmen, ist logistisch und organisatorisch oft mühsam - und ungewiss.

Klar: Es geht. Es wird auch besser. Langsam. Sehr langsam. Denn der Dschungel an Regeln und Einschränkungen ist unübersichtlich. Höflich gesagt.

Am einfachsten ist Fliegen: Sport- oder Sondergepäck anmelden – und bezahlen. Und hoffen, dass das Rad trotz (teurem) Spezialkoffer heil ankommt.

Aber ich wollte klimaverträglicher mit der Bahn unterwegs sein. „Es ist kompliziert.“ Ja, bei Fernzügen gibt es – wenige und reservierungspflichtige – Radplätze. Am Railjet, im IC, bei der Westbahn. Sogar im Nightjet. Wobei: bei Letzterem nur für einige Ziele. Mitnahme-Plätze ins Schlafabteil sind rar - und gefühlt weg, bevor Tickets buchbar sind. Regionalzüge? S-Bahn? Ob dort ein Rad-Platzerl frei ist, ist Glückssache - Bike-Tickets muss man dennoch vor Fahrtantritt zahlen.

Vielleicht im Bus? Fernbusse funktionieren wie Fernzüge: rechtzeitig reservieren. Wer zu spät bucht, hat Pech. Immerhin: Man weiß es vorher. Und ob regionale Busse Fahrräder am Heck oder im Anhänger mitnehmen, lässt sich recherchieren. Mühsam. Weil: Jeder Verkehrsverbund tickt anders. Erstens was für Räder offene Buslinien sind, zweitens was die Abwicklung betrifft: Hier muss reserviert werden, dort gilt first-come-first-ride – anderswo gibt es No-Bike-Zeiten. Und wo das Rad ins Fahrzeug darf, entscheidet der Fahrer, wenn alle Plätze belegt sind: Das geschieht mitunter recht - sagen wir mal – „subjektiv“.

Kurz: Rad-Reisen ist ein Lotteriespiel. Deshalb die Flinte ins Korn zu werfen, ist aber keine Option. Nicht für mich. Ich werde im Zug fahren, durch verschiedene Länder, mit unterschiedlichen Linien und mein Fahrrad in einem Schweizer Plastiksack verpacken. Obwohl wir in Wien ja einen anderen Ausdruck für diese Art von Reisetasche haben. Pssst.

Tom Rottenberg – Rotte – rennt und rollt, wenn er nicht als freier Journalist und PR-Berater arbeitet und sich Gedanken übers Rennen und Rollen, sprich Radfahren, macht.

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