Rotte rollt – von Tom Rottenberg
Fr | 05. Mai 2023

Experten wie DCrainmaker testen Elektronik wie Experten. Normalos nutzen Elektronik wie Normalos. Ich bin ein Normalo und hab Hammerheads Karoo2 auf seine Für-Ahnungslose-Tauglichkeit getestet. Resümee: Wie alle Elektronik hat auch er ein Layer-8-Problem!

In der IT-Welt gibt es einen fiesen Terminus: Layer-8-Problem. Sagt der Techniker Layer-8 atmet der beratene Laie auf: Das klingt nach knifflig. Tatsächlich hakt es bei Layer-8 aber weder an Gerät noch System – sondern am User.

Wieso eine Radcomputerrezension so beginnt? Ganz einfach: Weil ich beim Karoo2 ein typisches Layer-8-Thema hatte. Denn der gehypte Radcomputer von Hammerhead ist in Wirklichkeit natürlich super, kann alles, was so ein Ding können soll. Sogar mehr. Aber: Ich bin „Layer-8“.

Der Grund? Mein vermeintliches Vorwissen. Man fuhr schon andere Computer – und liest daher grundsätzlich keine Betriebsanleitung, sondern fährt munter los. Das rächt sich unterwegs. Etwa weil man keinen Tau hat, wo und wie man Displayanzeigen umkonfigurieren könnte: Die Durchschnittssteigung ist mir egal – ich will hier lesen, wie lange ich unterwegs bin!

Schuld ist der Karoo 2. Der hat mich reingelegt: Einfach und selbsterklärend umgarnte mich das Teil zunächst. Fand und verband sämtliche Sensoren und mein Smartphone wie von selbst. Verband sich mit Strava & Co. Legte mir meine Komoot-Routen ungefragt bereit – und sagte dann (mit lustigem US-Akzent) im Bluetooth-Kopfhörer spanische Gassen und Kreisverkehre präzise an.

Wer sucht, wenn das geht, schon vorab nach dem Display-Umgestaltungs-Protokoll? Eben. Und weil man das selten braucht, liegt es - absolut logisch - in tieferen Ebenen vergraben. Entscheidet man dann in der Pampa, nicht Durchschnittswatt und gefahrene Höhenmeter, sondern Strecke und Fahrzeit neben der Leistung sehen zu wollen, scheitert man natürlich. Erst recht, wenn die Lesebrille daheim liegt - bei dem Display brauche ich sie ja echt nicht. Aber für die Manual-Googelei am Handy dann schon … Schuld ist also wer? Genau: der Hersteller. Ganz klar. 

Natürlich kann der Hammerhead das alles. Es geht ganz leicht. Man müsste nur vor dem ersten Losfahren zwei Minuten denken und drei Minuten hinschauen. Aber dann liebt man ihn. Auch, wegen anderer Features: dem bei Regen abschaltbaren Touchscreen. Dem Adapter für andere Lenkerhalterungen. Dafür, dass der Karoo zwar warnt, wenn er – etwa in engen Serpentinen – kurz den Überblick verliert, aber zuerst neu rechnet und erst dann „bitte wenden“ quäkt: Das gibt‘s auch anders, schlechter.

Also smart, präzise und schnell. Da sieht man über ein echtes Manko gern hinweg: Die fehlende App. Registrieren & Co geht über die Hammerhead-Webseite. Ja eh, das US-Label kooperiert mit Suunto. Auf deren App kann man Fahrt-Daten auch korrigieren. Aber irgendwie ist das komisch.

Noch was zu meckern? Ja: Der Akku hält statt versprochener 12 nur etwas länger als acht Stunden. Reicht eigentlich immer – und ist eine spezielle Ausprägung des Layer-8-Problems, ein altersbedingtes: Im Lesebrillenalter dreht man die Helligkeit rauf. Denn diese Einstellungen habe ich sofort gefunden.

Tom Rottenberg – Rotte – rennt und rollt, wenn er nicht als freier Journalist und PR-Berater arbeitet und sich Gedanken übers Rennen und Rollen, sprich Radfahren, macht.

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