Rotte rollt – von Tom Rottenberg
Mo | 25. Sep 2023

Rad-Rückblick-Radar Systeme gab es lange Zeit nur von einem einzigen Hersteller. Mittlerweile sind es deren drei. Und alle funktionieren, denn sie erhöhen meine Chance, als Radfahrer im Straßenverkehr als relevant wahrgenommen zu werden. Nachdrücklich. Also: „Nie mehr ohne?“

Am Spannendsten war der direkte Vergleich „im Trockenen“ - am Straßenrand. Und das gar nicht wegen der Unterschiede zwischen den Geräten: Die sind in der gefahrenen Praxis nämlich marginal. Und am Ende des Tages nicht kaufentscheidend.

Aber als wir uns mit den drei am europäischen Markt angeblich verfügbaren (ungleich: „erhältlichen“) Fahrrad-Rückblick-Radargeräten in Wien in eine Tempo-30-Zone stellten um mit den bei Annäherung eines Fahrzeuges immer schneller rot blinkenden Dingern zu spielen, staunten wir nicht schlecht: Vollbremsung folgte auf Vollbremsung, sobald die Lichter zu blinken begannen. Und rasch kristallisierte sich auch ein Muster heraus. Mit Ausreißern, versteht sich, aber eben doch: Am häufigsten beim Schnellfahren „ertappt“ fühlen sich BMW- und Audi-Fahrer. Getönte Scheiben, junge Männer, laute Musik? Beim Erkennen „keine Cops“ wird dann gerne demonstrativ voll aufs Gas gestiegen. Und gestänkert.

Dessen ungeachtet erzielte das Blinken-bei-Annäherung aber seinen Zweck: Alle, wirklich alle, sahen es - und reagierten. Das zählt: Nicht-Übersehen-Werden ist am Rad die Antwort auf die Frage: „Wie überlebe ich?“ 

Fein - und für mich eine weitere Bestätigung, „nie mehr ohne Radar“ zu sagen. Den Hauptgrund liebe ich seit einem Jahr: Der zunächst gelbe, dann rote und – wenn die Gefahr vorbei ist – grüne Balken am Radcomputer und die sich darin von hinten nähernden Punkte (pro Fahrzeug einer), machen das Fahren angenehmer, weil überraschungsfrei. Es macht einen Unterschied, wenn der Tesla und der dritte Wagen einer kleinen Kolonne nicht „aus dem Nichts“ kommen. Und auch wenn der Schulterblick nicht entfallen darf, muss ich mich deutlich weniger oft Umdrehen - weil die Geschwindigkeit, mit der die Punkte näher kommen wirklich hilft.

Klar: Wie eng oder aber wie vernünftig dann vorbeigefahren wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber: Darauf habe ich auch ohne Radar Null Einfluss. Auch wenn der Luftzug bei Tuchfühlungs-Rasern bleibt - der große Schreck fällt weg. 

Ganz abgesehen davon, dass der Trocken-Test am Straßenrand bestätigte, was meine Ein-Jahr-Privat-Empirie nahe legte: Das zunächst statisch-leuchtende Radar-Rücklicht beginnt ab etwa 140 Metern Abstand zu blinken. Beim Näherkommen wird es dann schneller. Und das wirkt sich - gefühlt – bei vielen auf ihr Überholverhalten aus: Wieso „ich wurde gesehen, also halte ich Abstand“ funktioniert, wäre psychologisch spannend - auf der Straße zählt aber nur eines: Es wirkt.

Und deshalb gilt für mich das, was ich seit einem Jahr predige weiter und umso mehr: „Nie mehr ohne.“

Tom Rottenberg – Rotte – rennt und rollt, wenn er nicht als freier Journalist und PR-Berater arbeitet und sich Gedanken übers Rennen und Rollen, sprich Radfahren, macht.

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