Rotte rollt – von Tom Rottenberg
Fr | 18. Mär 2022

ROTTE ROLLT
– EINE ANKÜNDIGUNG

VON TOM ROTTENBERG

Natürlich können wir jetzt darüber diskutieren, ob die Welt eine weitere Radkolumne braucht. Nicht nur, weil es davon eine Menge gibt, sondern auch, weil es wenige Lebensbereiche des Alltages gibt, in denen das Gut-Böse-Gefüge schon jetzt klarer strukturiert ist als im Straßen­verkehr. Kaum sonst wo definiert der Standort den Standpunkt augenscheinlicher als in Mobilitätsfragen: Idioten, Schuld und „der Stau“ sind immer die anderen.

Die Frage ist immer die gleiche: Wen will man erreichen – und mit wem redet man tatsächlich? Auch wenn Sie jetzt nicken und sagen, dass es eine Binsenweisheit der - jeder! – Kommunikation sei, zu wissen, mit wem man wie spricht, heißt das keineswegs, dass das in der Praxis beherzigt wird. Nein, auch nicht in der professionellen.

Radkolumnen, aber auch Rad-Foren, eignen sich hervorragend zur Polarisierung und zum Einbetonieren eigener Position. Hier kann man vor und mit Verbündeten polemisieren. Aber auch der „Feind“ weiß, dass man genau hier die beste „Munition" findet. Wo sonst lässt sich jedes (Vor)urteil, jedes Klischee, treffsicher bestätigen?

Braucht es da also eine weitere Radkolumne, noch eine Plattform? Wir meinen: Ja. Nicht zuletzt, um zu betonen, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist. Um zu sagen, dass Grau- und Zwischentöne wichtig sind. Grelle Farbtupfer. Und mitunter auch Ein- und Widerspruch.

Nicht, weil es nicht wichtig oder gar falsch wäre, auf jenseitige Wegeplanung, gestrige Mobilitäts­politik, veraltete Verkehrskonzepte und groteske (Straßen-)Rechtsnormen hinzuweisen. Sondern weil auch da das „Wie“ zählt. Das Wie, das Narrativ, definiert, wen man erreicht – und wen nicht: In einem positiven Umfeld wie dem von Veletage und Velozette muss auch das Fröhliche, das Schöne und das Lebensbejahende in den Vordergrund gerückt werden.

Darf das Lächeln beim und die Freude am Radfahren nie fehlen. Und soll der Blick auf Lösungen gerichtet sein: Jammern allein bringt niemanden weiter. Holt niemanden aufs Rad. Wird die Welt auch sonst nicht retten.

Weil es am Rad längst weniger Gründe zum Jammern als zum Jubeln gibt – sonst würden wir nämlich alle nicht Radfahren. Egal im Alltag und im Verkehr, in der Freizeit oder mit sportlichem Ehrgeiz. Radfahren ist physikalisch eine Übung, in der es gilt, das Gleichgewicht zu finden und zu halten. Ohne diese Balance wäre einspuriges Vorwärtskommen nicht denkbar.

Tom Rottenberg – Rotte – rennt und rollt, wenn er nicht als freier Journalist und PR-Berater arbeitet und sich Gedanken übers Rennen und Rollen, sprich Radfahren, macht.

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